RINGVORLESUNG

 

Kritische Ansätze zu Politik und Ökonomie

im globalisierten Kapitalismus

 

Universität Wien  LVA Nr. 210.292

TU Wien LVA Nr 187.306

 

an Montagen, 18:30 Uhr pünktlich, Universität Wien, HS 32

 

Termine, ReferentInnen, Kurzthemenliste und Links zu weiteren Informationen

 

Datum

Thema

ReferentInnen

Ergänzende Materialien

Montags

Organisatorisches:

Einleitung + Leistungsnachweis

 

 

10.03.

Neoliberale Globalisierung

Stephan Schulmeister, Walter Baier

Vortrag von Herbert Walther, WU Wien

31.03.

Entpolitisierung der Geschlechterverhältnisse?

Krondorfer, Trallori

Asenbaum

07.04.

Grundsicherung

Fleissner, Reitter

Reitter1, Reitter2, Fleissner1, Fleissner2 (3 MB),

Auinger  Flash G

14.04.

Macht

Bauer-Jelinek, Ofner

 

21.04.

Ökologische Kernfragen

Baum, Fischer-Kowalski

 

28.04.

Feministische Theorie

Ambrosch, Reiterlechner

Ambrosch_Text

Christine_tanzt

05.05.

Informationsgesellschaft

Fuchs (3 MB) Hofkirchner

 

19.5.

Film im Spätkapitalismus

Steinberger, Zavarsky

 

26.5.

Anthropo-Technologien

3 ReferentInnen:

Rhemann, Maurer, Lacina

 

2.06.

Bildung

Erler, Sertl

Benz/Tausch

Schalk/Langmann

Ginner

9.06.

Globalisierung von Forschung u Entwicklung

Polt, M Weber

Neue Publikation zum Thema

16.6.

Kritik von Ökonomismus und Effektivität

Lauggas, Möschl

Neue Publikation

23.6.

Geschlechterverhältnis und Antisemitismus

Radonic

Peham

30.6.

Immaterielle Arbeit/Präkarisierung - Theorie des Postoperaismus

Hammer&Vater

Opratko Stolba

 

 


Ringvorlesung (2stündig) im SS08

 

FLEISSNER, Peter

210292

Kritische Ansätze zu Politik und Ökonomie im globalisierten Kapitalismus (G6, G8, G3)

 

Ort:                             HS 32, Universität Wien

Zeit:                             Montags, 18:30 Uhr-20:00 Uhr pünktlich

Anrechenbarkeit:        

Die Lehrveranstaltung ist für das Studium Politikwissenschaft für die Module

·         Internationale Politik (G3)

·         Policy-Analyse und Politische Ökonomie (G6) und

·         Politikwissenschaftliche Frauen- und Geschlechterforschung (G8)

anrechenbar.

Die Lehrveranstaltung ist auch an der TU Wien angekündigt (RV 187.306) und kann dort als Freifach belegt werden.

 

Ziele und Inhalte der Lehrveranstaltung

In Überblicksreferaten werden zentrale Politikfelder des globalisierten Kapitalismus dargestellt und gesellschaftspolitische Alternativen diskutiert. Querbezüge zur Politischen Ökonomie jenseits des Mainstremas werden hergestellt. Behandelte Schwerpunkte sind:

  • Was heisst Neoliberalismus?
  • Bedeutung des Finanzkapitals, Effekte und  Begriffskritik
  • Feministische Theorien/Queer Theories, Geschlechterverhältnisse
  • Internationalisierung von Forschung und Technologie – Gefahr oder Hoffnung?
  • Machtfragen der Arbeit, Lohnarbeit, Reproduktion, Prekarisierung
  • Globale und regionale Widerstandsformen, Sozialforen
  • Sozialstaat – Entwicklung, Kritik, Gegenentwürfe
  • Veränderungen der Einkommens- und Vermögensverteilung
  • ökologische Fragestellungen und deren Ambivalenz
  • Ökonomisierung der Bildung (Bologna-Prozess, Elitenreproduktion, soziale Selektion), emanzipatorische Alternativen
  • Methoden der Politischen Ökonomie zur Analyse der Informationsgesellschaft
  • Entwicklungsstand marxistischer/linker/kritischer Gesellschaftstheorien
  • Anti-emanzipatorische und autoritäre Tendenzen der Kapitalismuskritik

 

Modalitäten:

Um die kritische Auseinandersetzung zu fördern, werden kurze und womöglich kontroverse Impulsreferate von ausgewiesenen ExpertInnen in das Thema einführen. Die Studierenden haben anschliessend die Möglichkeit, eigene vorbereitete Beiträge einzubringen. Abschliessend Plenardiskussion.

 

Methode und Maßstäbe für die Beurteilung:

Die schriftlich ausgefertigten Diskussionsbeiträge (ca. 10 Seiten) der Studierenden (bzw. Essays zu einem Thema aus der Liste der Vorträge als Alternative) gelten als Leistungsnachweis.

 

Literatur:

Baier, Walter (2007). Prinzip „EntTäuschung“. Von den großen Erzählungen zur neuen Sprache der Politik. Hamburg: VSA

 

Erreichbarkeit:

Peter Fleissner, fleissner at transform.or.at, Tel 0043-1-5041190.

Termine und Kurzbeschreibungen

 

10.03.

Neoliberale Globalisierung

Schulmeister

Baier

 

Stephan Schulmeister

Titel

"Realkapitalismus und Finanzkapitalismus"
Abstract

Die Kombination vieler Merkmale im Hinblick auf Interessebündnisse, Wirtschafts- und Sozialpolitik, ökonomisches Paradigma, Verhältnis Markt/Staat  und Unternehmer/Gewerkschaften kennzeichnen die zwei Ausprägungen einer kapitalistischen Marktwirtschaft. In der ersten Hälfte der Nachkriegszeit dominierte ein "realkapitalistisches Regime", in der zweiten Hälfte der Finanzkapitalismus. Dies wird am Beispiel des Akkumulationsverhaltens der Unternehmer, der Rolle der Finanzmärkte (und des Finanzsektors) sowie der Politik empirisch deutlich gemacht.

Walter Baier

Titel

Neoliberalismus und Globalisierung -- Schlüsselbegriffe der zeitgenössischen Transformation des Kapitalismus

Abstract

Kritik am Neoliberalismus ist angesichts anwachsender und immer sichtbarer werdender Armut weit verbreitet. Selbst von konservativer Seite werden Bedenken geäußert. Von linker Seite scheint das Wort "Neoliberalismus" als eine Art Ersatzbegriff zum scheinbar noch immer verpönten Wort für "Kapitalismus" verwendet zu werden. Angesichts einer Unzahl von Begriffsverwirrungen ist eine Klärung notwendig. Auch um eine sinnvolle Debatte um ökonomische, soziale und politische Alternativen zu eröffnen. Ähnliches gilt auch für den Begriff der "Globalisierung", in deren Ablehnung sich extreme Linke und Rechte einig zu sein scheinen.

 

 

31.03.

Entpolitisierung der Geschlechterverhältnisse?

Krondorfer

Trallori

 

Lisbeth N. Trallori

Titel

Körperpolitiken und die Technologien des Selbst

Abstract

Ökonomisierung, Verwissenschaftlichung und die Herausbildung individualisierter Subjekthaftigkeit, in der Körperlichkeit auf sich selbst zurückgeworfen, in Form eines „Ich-Körpers“ existiert, werden im Zusammenspiel mit einer neoliberalen Produktions- und Lebensweise diskutiert.  Vor diesem Hintergrund wird die Konstruktion eines „marktvermittelten“ Subjekts sichtbar, das seinen individuellen Nutzen maximierend seine Körperlichkeit selbst plant, organisiert, verwaltet und kontrolliert, um den sozialen, gesundheitlichen oder ökologischen Risiken in der Alltags- und Arbeitswelt eigenständig,  jedoch fern jeglicher gesellschaftlichen Anbindung zu begegnen. Aus feministischer Perspektive stellt sich dabei die Frage nach den Effekten dieses Modus der Vergesellschaftung, nach der politischen Neutralisierung von sozialer Klasse, Körper und Geschlecht.

 

Birge Krondorfer

Titel

Politische Subjekte und die Ökonomisierung der Identität

Abstract

 

Identitätspolitiken – und die Kritik daran – sind sehr aktuell – und in der post/feministischen Theorie und Praxis höchst umstritten. Oft jedoch fehlen Reflexionen darüber, was der Begriff ‚Identität’ im Verhältnis zum Begriff des ‚Subjekts’ bedeutet. Oft fehlt die Hinterfragung der Einbettung von “‚freigewählten Identitäten“ in einem von der (männlichen) Ökonomie dominierten System. Oft fehlt ein Nachdenken über politische Subjektivierungsprozesse in/durch/gegen bestehende Geschlechterformationen.

 

 

07.04.

Grundsicherung

Fleissner

Reitter

 

Karl Reitter

Titel

Zeitsouveränität und das Projekt des bedingungslosen, garantierten Grundeinkommen 

Abstract

Ausgehend vom methodischen Ansatz, ökonomische und soziale Verhältnisse als Zeitverhältnisse zu begreifen, soll das Konzept des BGE in den Kontext der gegenwärtigen Transformation des Fordismus zum Postfordismus gestellt werden. Insbesondere durch den Umbau des Sozialstaates soll immer direkter auf die gesamte Lebenszeit der Individuen zugegriffen, und diese bedingungslos auf die Bereitschaft zur Lohnarbeit zugerichtet werden. Innerhalb der Erwerbsarbeit führt die Flexibilisierung der Arbeitszeiten, die teils geplante, teils durchgesetzte Anhebung des Rentenalters und die (versuchte) funktionale Ausrichtung des Ausbildungssektors auf die Imperative der Kapitalakkumulation zu ebensolchen Resultaten. Es soll gezeigt werden, dass das Konzept des BGE eines der – wenn nicht das – Mittel ist, anknüpfend an Alltagserfahrungen, dem Bedürfnis nach Zeitsouveränität Ausdruck zu verleihen.

 

Peter Fleissner

Titel

Grundeinkommen in Österreich – Beschreibung eines Forschungsdesigns

Abstract

Als methodische Ergänzung zu Karl Reitters Beitrag wird ein Projektentwurf vorgestellt, der beim Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung (FWF) eingereicht wurde. Das geplante Projekt besteht aus vier Teilen: (1) Theoretische Analyse, (2) Empirische Erhebungen, (3) Mathematische Simulation und (4) Bestimmung sozio-ökonomischer Effekte. Ein einfaches Simulationsmodell, das als Vorstudie bereits entwickelt wurde und die Dynamik der Auswirkungen behandelt, wird vorgestellt.

 

14.04.

Macht

Bauer-Jelinek

Ofner

 

Christine Bauer-Jelinek

Titel

In der Wirtschaft herrscht Krieg - und alle gehen hin...

Abstract:

Warum das neoliberale Gesellschaftssystem sich so leicht etablieren konnte und warum es sich so schwer wieder verändern lässt

 

Franz Ofner

Titel

Machtfragen in der Arbeitswelt

Abstract:

o   Kurze Darstellung eines Machtkonzeptes (Herstellen von Abhängigkeit und Vorgabe von Bedingungen an Abhängige)

o   Anwendung des Konzepts auf Arbeitsbeziehungen (Unternehmensleitung – Belegschaft, Unternehmerverbände – Gewerkschaften, Rolle des Staates)

o   Veränderungen der Arbeitsbeziehungen durch Globalisierung und EU-Integration

 

 

21.04.

Ökologische Kernfragen

Baum

Fischer-Kowalski

 

Marina Fischer-Kowalski

 (Institut für Soziale Ökologie / IFF Wien)

Titel

„Ist industrieller Stoffwechsel weltweit zukunftsfähig?“

Abstract

Vor 300 Jahren hat in England die „Great Transformation“ begonnen, die den landbasierten agrarischen Stoffwechsel durch einen fossilenergiebasierten ablöste. Ich werde zeigen, wie dieser Transformationsprozess sich heute in den Entwicklungsländern fortsetzt und zu welchem Niveau an Energie- und Materialverbrauch er führt. Eine Bewahrung des Weltklimas vor dem Kollaps setzt eine drastische „De-Karbonisierung“ dieses Stoffwechsels voraus. Ist das möglich? Mit welchen sozialen und wirtschaftlichen Folgen ist zu rechnen? 

 

Josef Baum

Titel

Will Climate Change Enforce Global Justice? – the Turning Point for the North- South Divide

Abstract:

Ecological issues, and (global) distribution issues are now inextricably linked by necessities of climate change policy
Starting point:
Global mega-trends of social and development, especially in the years since 2000:
1 Industrialization on global scale - big emerging countries
2  Intensification of the social metabolism on all continents:
2a.
Consumption growth for raw materials, inclusively fossil fuels
2b. Increase in greenhouse emissions
       An illustrative example is the development of China's steel industry from 2000.
3  Complicated development of the global patterns of disparity of income varies,  according to different the intra- and interregional effects. (Global convergence and divergence effects)

Generally roughly undisputed: The divide between developing and developed countries is increased by climate change by "costs" for impacts (vulnerability) and adaptation.
But in global mitigation developing countries hold trumps:


The fundamentally new:
There are "deadlines" for the solution to the climate issue, becoming an existential question of humanity

In relation to the dimension of challenge in a short window of opportunity of about 15 years to keep the drastic change still controllable.
The solution to the climate issue can finally only be global, therefore requires the inclusion of all countries.
Poorer countries can and will only join on the basis of fairness and equality

 

Fairness and equity put the questions on the historical responsibility of the accumulation of greenhouse gases.
This question brings capitalist north’s past back in an unexpected way. For the first time after decades or centuries strong trump cards belong to the south in the central question of burden sharing.
There will be big and comprehensive solutions – or no solutions.
A fair solution for climate change mitigation will bring the foundation for the development of the South to overcome the huge gaps now on the planet by reallocation of capital and know-how, implicating global convergence and cohesion.
But perhaps only after several attempts.

 

 

28.04.

Feministische Theorie

Ambrosch

Reiterlechner

 

Heidemarie Ambrosch

Titel

Vom fordistischen Feminismus zur Theorie der Geschlechterverhältnisse

Abstract:

Wenn selbst konservative Politiker Feminismus als Vokabel verwenden, ist es höchste Zeit, diesen Begriff aus seiner Beliebigkeit herauszuholen und ihn entsprechend seiner geschichtlichen Entstehung, seiner Theorie und Praxen zu besetzen. Das führt geradewegs zur kritischen Bestandsaufnahme, was ist aus den Forderungen der feministischen Bewegungen geworden (Recht auf Arbeit, Abschaffung der bürgerlichen Familie, der Kampf um die Quote)?  Frigga Haugs Theorie der Geschlechterverhältnisse könnte ein wichtiger Baustein sein, Feminismen unter den Bedingungen des Neoliberalismus neu zu schärfen und Visionen von solidarischen Arbeiten und Leben wieder in das Zentrum zu bringen bzw. Schritte von ebensolchen Praxen zu entwickeln.

 

 

Christine Reiterlechner

Titel

Spielräume und Fallen für Frauen in westlichen Industriegesellschaften

Abstract:

Vieles ist heute möglich für Frauen, das vor 50 Jahren undenkbar gewesen wäre, und viele Möglichkeiten werden auch von den Frauen ergriffen (Bildung zB, Projekte,...), Selbstbestimmung ist machbar.

Anderseits erreicht die Zurechtstutzung ebenfalls nicht gekannte Ausmaße – buchstäblich durch das Chirurgenmesser, aber auch übertragen.

Zeit, Bilanz zu ziehen über die Frauenbilder in unseren westlichen Industriegesellschaften, deren Entwicklung und die Beiträge der feministischen Theorie und Praxis zu dem Versuch, ein Selbstbild und eine Selbstplatzierung als Frau zu finden.

 

05.05.

Informationsgesellschaft

Fuchs

Hofkirchner

 

Wolfgang Hofkirchner

Titel

Warum eine kritische Theorie der Informationsgesellschaft mit einem vereinheitlichten Informationsbegriff zusammenhängt

Abstract:

Der Begriff der Realabstraktion bei Marx leistet gute Dienste, wenn es darum geht, zu verstehen, warum der Informationsbegriff in Wissenschaft und Gesellschaft eine derart prominente Rolle einnehmen konnte, unbeschadet aller Kritik an seinem ideologischen Gebrauch. Es wird ein auf dialektischem Denken fußendes evolutionär-systemtheoretisches Modell eines weltgeschichtlichen Umbruchs vorgestellt, das mit Ernst Bloch konkret-utopisch genannt werden kann.

 

Christian Fuchs

Titel

Kritik der politischen Ökonomie des transnationalen informationellen Kapitalismus

Abstract:

Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie kritische Theorie im Zeitalter der Mediatisierung, Informatisierung, des Internets und der wissensbasierten Arbeit und Tätigkeit agieren soll. Welche Erkenntnisse kritischer Gesellschaftstheorien sind dazu notwendig? Welche neuen Erkenntnisse werden gebraucht, um die heutige Gesellschaft analytisch zu erfassen und zu kritisieren?

Der Beitrag behandelt diese Fragen aus der Sicht einer kritischen Gesellschaftstheorie, die sich auf die Denklinie Hegel-Marx-Marcuse bezieht und durch den Ansatz der Kritik der politischen Ökonomie der Medien und Kommunikation vertieft wird.

 

 

19.5.

Film im Spätkapitalismus

Steinberger

Zavarsky

 

Irene Zavarsky

Peter Steinberger

Titel

Re/Produktion kapitalistischer Strukturen in Film und Fernsehen

Abstract

Wie und wo findet sich ideologischer (Sub)text in us-amerikanischen Hollywoodproduktionen? Welche subversiven oder herrschaftsstabilisierenden Funktionen lassen sich festmachen? Wer steckt hinter den Produktionen? 

An Hand von Beispielen aus Filmen und TV-Serien sollen Muster erarbeitet werden die zeigen, wie kapitalistische Strukturen mehr oder weniger offensichtlich in diese Produktionen einfließen und so in unseren Wohnzimmern landen.

  

26.5.

Anthropo-Technologien

3 ReferentInnen:

Rhemann Maurer

Lacina

 

Josef Rhemann

Titel

"Anthropotechniken im globalen Zeitalter - technische Eingriffe in die körperlichen, psychischen und sozialen Kernbestandteile von Menschenleben ?"

Abstract:

Vor dem Hintergrund des Generalthemas der Ringveranstaltung - Politik und Ökonomie im globalisierten Kapitalismus - stellt sich die Frage nach Zusammenängen zwischen Ökonomisierung und Technisierung ebenso, wie zwischen politischer Ideologie und Technik-Phantasie. Letztere kreist seit der griechischen Mythologie immer auch um das Thema der Verkünstlichung der den Menschenkörpern eingeschriebenen Natur durch ihre technische Herstellbarkeit. Heute im 21. Jahrhundert  kreisen Kunstmenschen-Mythen um die im Globalkapitalismus leitenden Technologien: Künstlich intelligente Computerisierung der menschlichen Gehirne und Biotechnisierung der menschlichen Gene. An die so anvisierte, technische Neuerfindung des Menschen koppeln sich Gedanken der biosozialen Selektion und Elitenproduktion. Die damit verbundenen, schon jetzt beginnenden Eingriffe in die Kernbereiche der menschlichen Körpernatur nenne ich Anthropotechniken. Die Frage ist - welcher Menschenbegriff und welches Menschenmodell liegt dem zugrunde ?  Hier gilt es meiner Auffassung nach kritisch rekonstruktiv anzusetzen: Beim Begriff des Menschen als bio-psycho-sozialem Lebewesen. Wenn Aristoteles und Marx den Menschen als Individuum fassten, welcher sich nur in Gesellschaft vereinzeln könne, stellt sich die Frage nach den phylogenetischen, gattungsgeschichtlichen und ontogenetischen Dimensionen der Anthropogenese und Geschichte.

 

Will man den in die menschliche Körpernatur eindringenden Anthropotechniken kritisch begegnen, bewegt man sich unvermeidlich im transdisziplinären Spannungsraum von Entwicklungsbiologie und Philosophie. Hier würde ich gerne mit Dir ins Gespräch kommen.

 

Meine Ausgangsthese wäre dabei: /:  Leben, so auch menschliches, ist auf Eigenaktivität angewiesen. Daraus erwächst Autonomiegewinn. Die Primärinitiative setzt das Genom durch organbildende Informationsweitergabe. In der weiteren Folge übernimmt das Gehirn das biologische Geschäft der organgebundenen Informationsverarbeitung.

Darauf beruht wiederum die sensomotorische  Ausbildung kognitiver Schemata. Diese werden ab einem bestimmten Stadium der embryonalen Entwicklung unter dem zunehmenden Einfluss von Ausseneinwirkungen geformt. Über die mitweltliche Strukturierung sensomotorisch assimilierter Umgebungsimpulse wird die kognitive Informationsverarbeitung sozialisiert und humanisiert.

 

 

Margarete Maurer

Titel

Technologische Innovationen in Wechselwirkung - Ansätze zur Bewertung von Anthropotechniken

Abstract:

erste gliederungspunkte und Anmerkungen - evtl. zu Thesen ausbaubar:

 

- was wird unter ANTHROPOTECHNIK verstanden? (Rhemann)

- Wo hat diese Aequivalente ind er modernen biologisch-biotechnologischen osder biómedizinischen Forschung und Praxis? (Maurer)

 

- Welche historisch ueberlieferten Phantasien, Hoffnungen oder Befürchtungen verbergen sich (moeglicherweise) dahinter oder koennten diesen zugrundeliegen?

 

- handelt es sich um "westliche" Phantasien und Phantasmen oder sind diese international verbreitet oder kulturell verwurzelt?

 

THESEN und FRAGEN:

Ende 18 und Anfang 19. jh VOR dem NS setzte "man" viele hoffnungen auf die biologische forschung zur "Verbesserung" der Gesellschaft, welche man von sozialtechnologien nicht erhoffte. Die spätere "Anwendung" des Darwinismus auf die Politik des Nationalsozialismus bzw. in dieser konnte an diesen Hoffnungen der Jahrhundertwende anknuepfen. Erklaert dies mangelnden Widerstand gegen die NS-Biopolitik, mit ihrer "Rassenbiologie", ihren Menschenversuchen und ihren Vernichtungsmaschinerien?

 

- HEUTIGE BIO-TechnologInnen wiederum meinen oft, Sozialtechnologien seien viel effektiver als biomedizinische Versuche, "den" Menschen durch Klonen, Erbgutveränderungen, Implantate usw. in eine Wunschrichtung zu verändern.

WAS wird heute versucht, wie "realistisch" erscheinen diese Ansätze?

 

THESEN und FRAGEN:

- realisiert werden voraussichtlich nicht unbedingt diejenigen Phantasien oder Wunschvorstellungen, welche in der öffentlichen Diskussion im Vordergrund stehen (der geklonte Mensch), sondern es werden eher Technologien entwickelt und zur Anwendung gebracht, bei welchen unterschiedliche tehcnologische Innovationen oder Innovationswege ZUSAMMENGEFUEHRT werden.

- z.B. medizinische Technologien der Frühgeborenen-Hilfe koennten zusammenkommen mit Tierversuchen, bei denen Embryonen transferiert werden in sog. "kuenstliche" Gebärmuetter, z.B. Tierhäute mit Nährloesung, und dort OHNE muetterlichen lebendigen Organismus zur vollstaendigen Entwicklung (bis zur "Geburt") zu bringen versucht werden. Der moegliche Effekt - Frauen überflüssig zu machen in der  menschlichen Fortpflanzung - ist zumindest in der Frühgeborenen-Medizin NICHT das Motiv oder die Triebkraft der Emtwicklungen, nach welchen immer juengere Embryonen zur Entwicklungsreife gebracht werden koennen. Gleichwohl kann es das Ergebnis sein. Welche Folgerungen ergeben sich hieraus fuer die Wissenschaftskritik und -politik?

- Wie ist das mit Nano-Technologien, mit chemischer Beinflussung von Gehirnen usw.?

 

Katharina Lacina

Titel

Neue Reproduktionstechnologien

Abstract

Der eingriff in die "menschliche Körpernatur" (Rhemann) durch Anthropotechniken ist eng verbunden mit den Möglichkeiten der NRT (neuen reproduktionstechnologien), die vor allem von feministinnen unterschiedlich bewertet werden (von totaler ablehnung-männliche kontrolle über das geschehen im weiblichen körper, neukonzeption von mutter bzw. vaterschaft bis hin zur  befürwortung dieser möglichkeiten als empowerment von frauen). die inhaltliche anbindung an rhemann (technische herstellbarkeit, menschliche natur) und maurer (welche hoffnungen sind damit verbunden) ist am beispiel der NRT sehr gut nachzuzeichnen.

 

 

2.06.

Bildung

Erler

Sertl

 

Ingolf Erler

Titel

Learning to labour

 Abstract:

Trotz der großen meritokratischen Erzählung, ist unser Bildungssystem hochgradig sozial reproduktiv: die soziale Position der Eltern überträgt sich zu einem großen Teil auf die Kinder.

Gerade mit dieser sozialen Scharnierwirkung lernen wir jedoch nicht für die Schule, sondern für das Leben. In einem kurzen Input gehe ich der Frage nach, wie die (Hoch)Schule systematisch Verlierer erzeugt und damit die Vorrausetzungen schafft, dass ihre SchülerInnen und StudentInnen die soziale Ordnung als selbstverständlich verinnerlichen.

Paul Willis hat diesen Prozess einmal in einem Buchtitel „Learning to Labour. How working Class Kids gets working class jobs“ genannt. In einer Zeit der Schulen für „Hochbegabte“ und universitären „Exzellenzinitiativen“ gilt es den Blick wieder auf die andere Seite zu werfen: Die schulisch erzeugte „Masse“, die notwendig ist um auf der anderen Seite eine „Elite“ generieren zu können.

Michael Sertl

Materialien 1, Materialien 2

 

 

9.06.

Internationalisierung von Forschung und Technologie – Gefahr oder Hoffnung?

Polt

M Weber

 

Matthias Weber (Matthias.Weber@arcs.ac.at)

Titel

Internationalisierung von Forschung und Technologie: ein Überblick

Wolfgang Polt (Wolfgang.Polt@joanneum.at)

Titel

Internationalisierung industrieller F&E – Motive und Effekte

Abstract

Globalisierung erfasst die Produktion und Verteilung von Forschung und technologischer Entwicklung in unterschiedlicher Weise: während die Produktion von wissenschaftlichem Wissen bereits seit einiger Zeit (n Teilbereichen seit Jahrhunderten) weltweit vernetzt (wenn auch ungleich verteilt) ist und sich international miteinander in Wettbewerb stehende Zentren von Wissenschaftsproduktion und höherer Bildung herausgebildet haben, ist die Entstehung von neuen Zentren technologischer Entwicklung (über endogene Entwicklung oder über Verlagerung von F&E-Kapazitäten) ein jüngeres Phänomen. Insbesondere die Entwicklungen in China und Indien waren in Europa und den USA Anlaß für wachsende Befürchtungen, daß nach der Auslagerung von Produktion auch die höherwertigen, strategischen Unternehmensfunktionen wie F&E von einer solchen Globalisierungswelle.

Genährt nicht zuletzt durch Entscheidungen wie jener von Novartis, ihren Forschungsstandort Wien aufzugeben, wird die wachsende Internationalisierung von Forschung und Technologie auch in Österreich mit Skepsis beobachtet. Andererseits hat der Forschungsstandort Österreich in den letzten Jahren stark von der Ansiedlung ausländischer Forschungseinrichtungen und generell der Auslandsfinanzierung von F&E profitiert. Zudem findet die Internationalisierung von Forschung auch über zahlreiche andere als finanzielle Kanäle statt (beispielhaft seien an dieser Stelle nur die internationale Mobilität von Wissenschaftlern und die Intensivierung der Forschungskooperationen in Europa erwähnt).

Ein kurzer Überblick über die verschiedenen Ebenen und Mechanismen, die den Prozess der Internationalisierung von Forschung und Technologie kennzeichnen, dient der Einordnung der dieser Entwicklung im Bereich der industriellen F&E. So belegen die jüngeren Internationalisierungsmuster zwar die wachsende Bedeutung der asiatischen Standorte; dennoch bleibt die innereuropäische und transatlantische Kooperation dominant. Die Motive für die Internationalisierung von F&E sind vielschichtig, und das Kostenargument ist dabei – im Unterschied zur Verlagerung von Produktionsaktivitäten – häufig nicht das entscheidende.

Ein Blick auf die Internationalisierung von F&E aus der Unternehmensperspektive ist dabei erhellend sowohl in Bezug auf die Motive für Standortentscheidungen als auch in Bezug auf die Bedeutung der verschiedenen sogenannten Standortfaktoren. Neben Befunden aus der jüngeren Literatur sollen zwei Fallstudien zu den Internationalisierungsstrategien von Novartis und Siemens die Motive, Zwänge und Effekte der Internationalisierung verstehen und bewerten helfen.

Die Fallstudien sollen in Zusammenarbeit mit interessierten Studierenden im Vorfeld der Veranstaltung erarbeitet werden. Hierfür werden Hilfestellungen gegeben und Kontakte für Interviews vermittelt.

Vor dem Hintergrund der jüngeren Befunde und Fallstudien soll in der abschließenden Diskussion eine kritische Bewertung dieser Entwicklung vorgenommen werden.

Literatur sowie Kontakte für die Interviews sind bei den Referenten erhältich.

 

Von studentischer Seite könnten 2 Fallstudien durchgeführt und präsentiert  werden:

Fallstudie Novartis und Fallstudie Siemens

 

 

16.6.

Kritik von Ökonomismus und Effektivität

Lauggas

Möschl

 

Ingo Lauggas

Titel

Neoliberale Hegemonie? Zur Aktualität von Gramscis „alternativem Marxismus“

Abstract:

Die politische Theorie Antonio Gramscis hebt sich vom traditionellen Marxismus seiner Zeit unter anderem durch ihre Kritik am Ökonomismus ab, also daran, in einem „fatalistischen Mechanizismus“ die ökonomischen Bedingungen als einzige strukturierende Kraft des Sozialen und Politischen zu sehen. Gramsci ersetzt die Formel von ‚Basis und Überbau’ durch die Vorstellung von einem Feld sich gegenseitig determinierender Kräfte, also durch ein umfassenderes Verständnis der Dialektik zwischen gesellschaftlichem Sein und gesellschaftlichem Bewusstsein. Dies führt auch zu einer völlig neuen Auffassung einer „Politik des Kulturellen“.

Dieser Vortrag führt zunächst in Gramscis Kritik am Ökonomismus und in zentrale Begriffe wie Staat, Zivilgesellschaft und Historischer Block ein, und will dann mit Bezug auf die gegenwärtigen Verhältnisse „die Hegemoniefrage konkret stellen”: Wie kann ein kapitalismuskritischer „Stellungskrieg“ nach dem angeblichen Ende der Geschichte aussehen?

 

Peter Moeschl

Titel

Mythos Effizienz – Zur Umcodierung der Arbeit durch die Logik des Kapitals

Abstract:

Effektivität bildet das klassische fachspezifische Leistungskriterium konkreter Arbeit. Die darauf Bezug nehmende ökonomische Effizienzbewertung lässt dieses Kriterium heute nur mehr als Voraussetzung des höher eingestuften Kriteriums Effizienz erscheinen. Effektivität könne daher – so meint man – unter dem Aspekt eines größeren gesellschaftlichen Kontextes vernachlässigt werden.

Dass dem nicht so ist, sondern dass eine effizienzorientierte Sichtweise rückwirkend tiefgreifende Strukturänderungen der konkreten Fachbereiche, ebenso wie deren gesellschaftliche Bedeutung bewirkt, soll am Beispiel der Medizin erörtert werden.

 

 

23.6.

Geschlechterverhältnis und Antisemitismus

Radonic

Peham

 

Ljiljana Radonic

Titel

Die friedfertige Antisemitin? Kritische Theorie über Geschlechterverhältnis und Antisemitismus

Abstract:

Jahrelang hat die „neue Frauenbewegung“ im Sinne einer identitätsstiftenden Geschichtsschreibung ein positives Bild von „der Frau“ im NS gezeichnet, was nicht selten zu einer den Holocaust verharmlosenden und antisemitischen Argumentation führt(e). Entgegen der Tatsache, dass Frauen als KZ-Aufseherinnen, Denunziantinnen oder Fürsorgerinnen an der antisemitischen Ausgrenzung und Vernichtung von Jüdinnen und Juden begeistert mitwirkten, werden sie in feministischen Schriften oft auch, im Widerspruch zu dem obigen positiven Bild, gerne als auf die Mutterrolle reduzierte „Gebärmaschinen“ (Renate Wiggershaus) dargestellt. Während 1988 zum Jahr des Holocausts an den Frauen erklärt wurde, gaben feministische Theologinnen dem Judentum die Schuld am Untergang des Matriarchats, dem Patriarchat weiters die Schuld am Nationalsozialismus… Wie die Schuldkette weitergeht, kann man bei Gerda Weiler nachlesen – ein feministischer Fall von Täter(innen)-Opfer-Umkehr.

 

Andreas Peham

Titel

Siegfrieds Phobien: Antisemitische Gemeinschaftsbildung und Kastrationsangst

Abstract:

Bei der Suche nach den Verbindungen zwischen Antisemitismus und Sexismus ist eine wichtige Differenzierung vorzunehmen, nämlich die zwischen Antisemitismus als kollektiver Wahnvorstellung und Weltanschauung einerseits und antisemitischer Stereotypenbildung andererseits. Während letzterer keine Geschlechterunterschiede kennt, ist ersterer zumindest historisch identisch mit Antifeminismus und Mysogenie. Die antisemitische Gemeinschaft ist eine sexistische, was nicht heißt, dass Frauen sich nicht auch einordnen würden. Als Gemeinschaft der Identischen hilft sie ihren Mitgliedern, die skandalöse und Angst machende Differenz, die mit Schwäche identifizierte Weiblichkeit abzuwehren

 

 

 

30.6.

Immaterielle Arbeit/Präkarisierung - Theorie des Postoperaismus

Hammer

Vater

 

 

Heide Hammer, Philosophin. MedUni Wien.

Stefan Vater, Bildungssoziologe, Verband Österreichischer Volkshochschulen, Lehrbeauftragter für Bildungssoziologie und Gendertheorie an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz

Titel

Umherschweifende ProduzentInnen.

Immaterielle Arbeit und Prekarisierung. Theoretische Aspekte des Postoperaismus.

Abstract:

Im Beitrag ist eine Kurzdarstellung von Aspekten postoperaistischer Theorie (Immaterielle Arbeit, Prekarisierung, Multitude) geplant – der Fokus liegt auf der These einer grundlegenden Veränderung kapitalistischer Arbeit aber ebenso kapitalistischer Reproduktion.

Der Nutzen des gesamten Vermögens/Potentials der Arbeitskraft und die darin inkludierte Anerkennung der Person eröffnet die Beschäftigung mit Formen internalisierter Kontrolle und begeisterter Affirmation neuer und bewährter Machtverhältnisse.

Literatur:

Toni Negri (et.al), Umherschweifende Produzenten. Immaterielle Arbeit und Subversion, Berlin 1998.

Marianne Pieper, Biopolitik – Die Umwendung eines Machtparadigmas. Immaterielle Arbeit und Prekarisierung, in: dieselbe (et.al), Empire und die biopolitische Wende. Die internationale Diskussion in Anschluss an Hardt und Negri, Frankfurt 2007, S. 215-244.